Maurice Bavaud
Der Neuenburger Maurice Bavaud wollte im November 1938 Adolf Hitler ermorden. Er scheiterte und wurde später in Deutschland hingerichtet.
Berlin, 14. Mai 1941. Vom Krieg ist nicht viel zu spüren. Die Fronten liegen tausende Kilometer weit weg und der Alltag geht seinen gewohnten Lauf. Nach dem Frühstück macht sich der Schweizer Botschafter Hans Frölicher wie jeden Tag auf seinen Weg zur Arbeit, während einige Kilometer weiter ein junger Mann aus seiner Gefängniszelle geführt wird. Bavaud heisst er, Maurice Bavaud. Die Wärter führen den Neuenburger in den Hof, wo eine Guillotine steht. Wenig später fällt das Beil. Es hätte nie so weit kommen müssen.
Es hätte wirklich nie so weit kommen müssen. Der Tod, die Enthauptung und dieser ganze vermaledeite Krieg überhaupt: es hätte nicht so weit kommen müssen. Maurice Bavaud wurde in Neuenburg geboren. Musisch begabt, sensibel, etwas träumerisch. Auf Druck des Vaters machte er eine Lehre als technischer Zeichner, trat dann mit 19 Jahren in ein bretonisches Priesterseminar ein, brach die Ausbildung aber nach drei Jahren ab. Im Sommer 1938 kehrte er nach Neuenburg zurück, plünderte die Familienkasse und verschwand. Etwas später tauchte er in Basel auf, kaufte sich eine Pistole und fuhr nach Bayern.
Dort gab sich Bavaud als Hitler-Verehrer aus und erfuhr, dass der «Führer» demnächst an einer Parade in München teilnehmen sollte. Am 9. November 1938 stellte sich der Schweizer auf der Pressetribüne in die erste Reihe und beobachtete den braunen Umzug. Sobald Hitler vor ihm auftauchte, wollte er ihn erschiessen.
Es ging schief. Kurz vor Hitler kamen Massen von SA-Leuten. Hitler ging nicht in der Mitte, sondern auf der andern Strassenseite. Und zu allem Überfluss reckten sich hunderte Hände zum Nazi-Gruss. Bavauds Pistole blieb in der Tasche. Der Neuenburger fingierte daraufhin ein französisches Empfehlungsschreiben und versuchte, Hitler als Bote persönlich zu begegnen. Auch das scheiterte. Als er schliesslich entmutigt und pleite in einen Zug nach Paris stieg, wurde er ohne Ticket erwischt, verhaftet und eingesperrt.
Vieles, was wir über Bavaud wissen, stammt aus Verhören und Folter. Seine Motive bleiben deshalb nebulös. Sehr deutlich ist hingegen, dass sich Botschafter Frölicher weigerte, sich für Bavaud einzusetzen. Ja, auf deutsches Ersuchen ermittelten sogar die Behörden in der Schweiz gegen den Attentäter. In den letzten 17 Monaten seines Lebens bekam Maurice Bavaud kein einziges Mal Besuch. Der Mann, der den ganzen Wahnsinn beinahe verhindert hätte, starb einsam und vergessen auf dem Schafott.