World Wide Web
Das CERN in Meyrin ist das Mekka, der Olymp, das Paradies für Physikerinnen und Physiker. Eine Erfindung aus seinen Labors veränderte nicht nur die Wissenschaft, sondern die gesamte Menschheit: das WWW.
In der Adresszeile stand http://info.cern.ch und darunter eine etwas umständlich formulierte Definition des World Wide Web. Es folgte weiterer Text mit blau unterstrichenen Verknüpfungen. Wer darauf klickte, landete auf anderen Bereichen derselben Seite. Logisch, denn info.cern.ch war die erste Website überhaupt. In dem Moment war sie das Web.
Das CERN war seiner Zeit von Anfang an voraus. Als es 1954 eröffnete, wurde es von elf Staaten getragen – drei Jahre bevor sechs Staaten mit den Römer Verträgen den Grundstein zur EU legten. Wissenschaftler aus dem Ostblock waren am CERN schon willkommen, bevor 1991 der Eiserne Vorhang fiel. Die Forscherinnen und Forscher des Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire beschäftigten sich mit Materie und Antimaterie, mit dem Ursprung und dem Aufbau des Universums, mit Elementarteilchen und mit tausend Dingen mehr. Sie revolutionierten die Physik, wurden mehrfach mit Nobelpreisen ausgezeichnet, aber nichts was in Meyrin geschah, erreichte so direkt so viele Menschen, wie die Erfindung von Tim Berners-Lee.
Der Physiker beschäftigte sich nebenbei mit Software und Computern. 1989 stellte er ein Konzept vor, wie die Forschungsgemeinde ihr Wissen teilen, Dokumente austauschen und Ideen diskutieren könnte. Ende 1990 teilte er seine Website mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des CERN, Anfang 1991 liess er auch Leute von ausserhalb darauf zugreifen. Als Server diente der persönliche NeXT-Computer des Londoners, als Browser ein Programm, das er selbst geschrieben hatte. Noch im selben Jahr ging der erste Server ausserhalb Europas online.
Das Entscheidende ereignete sich aber 1993: Tim Berners-Lee und das CERN beschlossen, den Quellencode öffentlich zu machen. Damit ging die Entwicklung des Internets auf Warp-Antrieb. Immer neue Programme machten die Navigation, Datentransfer und Website-Erstellung schneller und einfacher. Das kam auch dem CERN zugute. Seit 2004 verschickt es Daten aus dem in den 1980er-Jahren erbauten «Large Hadron Collider» – einem unter Frankreich und der Schweiz gelegenen 27 Kilometer langen Ringtunnel, in dem Teilchen-Experimente gemacht werden – an Computer weltweit zur Auswertung.
Das Internet dürfte deshalb auch ein kleines bisschen an der Entdeckung des Higgs-Teilchens 2012 beteiligt gewesen sein. Warum die Präsentation der Ergebnisse in der Kindergeburstagseinladungs-Schrift «Comic Sans» erfolgte, ist allerdings so unergründlich wie das All. Dabei hätte es ja durchaus Alternativen gegeben...