Roger Federer, der Schweizer König des Tennissports.
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König Roger

Der König des Tenniscourts war auch immer ein wenig der König der Schweiz: Roger Federer tauchte das Land immer wieder in royalen Glanz und verbesserte so dessen Image.

Benedikt Meyer

Benedikt Meyer

Benedikt Meyer ist Historiker und Autor.

Am Ende entschieden Zentimeter. Nach über dreieinhalb Stunden grossartigem Tennis blickten die Spieler, die Zuschauer in Melbourne und jene vor den TV-Geräten rund um den Globus auf eine Computeranimation. Drin. Der Ball hatte die Linie getroffen: Roger Federer hatte gesiegt. Nach fünf Jahren ohne Grand Slam Titel hatte er es noch einmal geschafft. Zum 18. Mal. Nach einem halben Jahr Pause, nach einem fantastischen Turnier und natürlich gegen den ewigen Rivalen Rafael Nadal.

Den Schweizer spielen zu sehen, erklärte der amerikanische Schriftsteller David Foster Wallace 2006 in einem Aufsatz, sei eine religiöse Erfahrung. Weil nur dieser jene Federer-Momente zu kreieren verstehe, jene Augenblicke der Überschreitung des physikalisch Möglichen. Federers Spiel war mühelos und leicht, kraftvoll und elegant und er schaffte es, das alte Tennis mit dem neuen zu versöhnen. Lange war Tennis mit Holzschlägern gespielt worden: Serve and Volley, Schnelligkeit und viel Bewegung, Witz und Kreativität. Mit den Graphit-Schlägern wurde das Spiel athletischer, es gab viel mehr Duelle von der Grundlinie aus. Kraft statt Kreativität. Die Spieler bewegten sich weniger wie Tänzer und mehr wie Boxer. Bis auf Roger Federer. Sein Spiel war das eines tänzelnden Boxers.

Der legendäre Sieg von Roger Federer in Australien mit dem Live-Kommentar des Schweizer Fernsehens.
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Begonnen hatte die Federer-Saga in Riehen, einem Vorort von Basel. Der Sohn eines Schweizers und einer Südafrikanerin war ein sportliches Ausnahmetalent. Das zeigte er sowohl auf den Fussballplatz, als auch auf dem Tenniscourt. Bis er zwölf Jahre alt war, kickte er regelmässig für den FC Concordia Basel. Die Entscheidung, voll aufs Tennis zu setzen, fiel dem kleinen Roger nicht leicht. Doch es war die richtige, wie die Zukunft zeigen sollte. Der Baselbieter entwickelte sich kontinuierlich vom ungestümen Youngster zum magistralen Gentlemen auf dem Court. Einen ersten Federer-Moment erlebte die Welt 2001 in Wimbledon, als der Schweizer sein grosses Idol Pete Sampras besiegte. Danach häuften sich diese speziellen Augenblicke. Der absolute Höhepunkt war das sensationelle Comeback in Australien. Der bereits abgeschriebene Altmeister kämpfte sich 2017 mit einer Eleganz, das seinesgleichen sucht, ins Scheinwerferlicht zurück. Dass Federer auf dem Platz stoisch und daneben oft perfekt oder besser gesagt langweilig wirkte, störte dabei kaum. Es verlieh ihm vielmehr den Anschein eines antiken Helden.

Für die Schweiz war Roger Federer ein historischer Glücksfall. Der Ruf des Landes hatte seit dem Ende des Kalten Krieges gelitten, in Europa war das Land schlecht integriert und in der Welt stand es bis 2002 abseits. Finanzskandale um Raubgold und nachrichtenlose Vermögen, um Geldwäsche und das Bankgeheimnis hatten das Image arg ramponiert; dubiose Rohstoffhändler, halbseidene Verbände und steueroptimierende Grosskonzerne hatten ebenfalls nicht gerade zu seinem Ansehen beigetragen.

Federers Sieg über Pete Sampras, die langjährige Nummer 1 der Welt, in Wimbeldon 2001, war ein Sieg für die Geschichtsbücher.
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Roger Federer – und wenn grad nicht er, dann eben Stan Wawrinka – machte das alles vergessen. Die Tennisspieler brachten das Land im Alleingang mit Good News auf die Titelseiten der Welt. Und spätestens als Roger und Stan 2014 auch noch den Davis-Cup gewannen, drehte am Monte San Giorgio ein versteinerter Ticinosuchus den Kopf und sagte zum versteinerten Ticinosuchus gleich neben ihm: «Schon verrückt, was in so ein paar Millionen Jahren alles passiert.»

Damit schliessen wir die 100-teilige Zeitreise zur Schweizer Geschichte ab. Es ist das Ende dieser Serie, nicht aber das Ende der Geschichte, denn Geschichte endet nie.

Mit Federer und Wawrinka gewann die Schweiz 2014 den Davis Cup und wurde Tennis-Weltmeister.
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