Die Landschaft Basel und das Frickthal auf einer von Wilhelm Haas in Basel entworfenen und gedruckten Karte, 1798.
Die Landschaft Basel und das Frickthal auf einer von Wilhelm Haas in Basel entworfenen und gedruckten Karte, 1798. Universitätsbibliothek Basel

Kanton Fricktal

Das Fricktal hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Bis 1797 ein Teil Österreichs, bildete das Gebiet am Rhein während der turbulenten Zeit der Helvetik gar einen eigenen Kanton Frickthal.

Alexander Rechsteiner

Alexander Rechsteiner

Alexander Rechsteiner hat Anglistik und Politikwissenschaften studiert und arbeitet bei der Kommunikation des Schweizerischen Nationalmuseums.

Das Fricktal liegt am Südufer des Rheins und somit am Puls der Geschichte. Über Jahrtausende wurde das Gebiet zwischen Rheinfelden, Laufenburg und Aarau mit dem namensgebenden Frick im Zentrum immer wieder von verschiedenen Gruppen bewohnt und besetzt. Bereits in der Jungsteinzeit lebten Menschen in offenen Siedlungen in diesem Gebiet. Da die Nordgrenze des Römischen Reiches nach dem Rückzug vom Limes im 4. Jahrhundert erneut am Rhein lag, entstanden im Fricktal in jener Zeit massive Grenzbefestigungen. Mit dem Zerfall des römischen Reiches war das Fricktal dann eines der ersten von Alemannen besiedelten Gebiete der heutigen Schweiz. Im Mittelalter und bis 1797 stand das Fricktal unter dem Einfluss der Habsburger und gehörte zu Vorderösterreich. Obwohl die Region immer wieder Schauplatz von kriegerischen Auseinandersetzungen war, gelang es den eidgenössischen Orten nie, die Region unter ihre Kontrolle zu bringen.
Das Fricktal während der Kirschblüte.
Das Fricktal während der Kirschblüte. Im Hintergrund das Dorf Frick mit dem Frickberg. Wikimedia / Willys Fotowerkstatt
Mit dem Aufstieg des revolutionären Frankreichs in Zentraleuropa endete die Herrschaft der Österreicher über das Fricktal. Im Frieden von Campoformio (1797) trat Österreich das Fricktal an Frankreich ab, doch zu einem Vollzug kam es nicht bis zum Frieden von Lunéville von 1801. Faktisch war das Fricktal nun ein Protektorat Frankreichs, doch die Verwaltung war nicht effizient und es fühlte sich niemand wirklich zuständig, die Vertragsbedingungen durchzusetzen. So blieben die ursprünglichen Verhältnisse vorläufig bestehen.
Die Helvetische Republik gemäss der Helvetischen Verfassung vom 12. April 1798. Noch gehörte das Fricktal nicht dazu.
Die Helvetische Republik nach der Zweiten Helvetischen Verfassung vom 25. Mai 1802.
Links: Die Helvetische Republik gemäss der Helvetischen Verfassung vom 12. April 1798. Noch gehörte das Fricktal nicht dazu. Rechts: Die Helvetische Republik nach der Zweiten Helvetischen Verfassung vom 25. Mai 1802.   Wikimedia / Marco Zanoli / Wikimedia / Marco Zanoli
Der im Schwarzwald geborene Sebastian Fahrländer (1768-1841) war unzufrieden mit der österreichischen Herrschaft und zog ins Fricktal, als dieses an Frankreich abgetreten werden musste. Als geplant wurde, das Fricktal in die Kantone Basel oder Aargau zu integrieren, weibelte Sebastian Fahrländer zusammen mit seinem Bruder Karl (1759-1814) bei den helvetischen und französischen Politikern für die Schaffung eines eigenen Kantons. Mit Hilfe der Franzosen wiesen die Brüder die österreichischen Beamten aus und Sebastian Fahrländer ernannte sich selber zum Statthalter. Kurz darauf, am 20. Januar 1802, stimmte ein Landtag in Rheinfelden der neuen, im Pfarrhaus von Eiken geschriebenen Kantonsverfassung zu. Sebastian Fahrländer wählte man zum Präsidenten der Verwaltungskammer mit Sitz in Laufenburg, das damit zur Hauptstadt des jungen Kantons wurde. Als Kantonswappen diente ein Lindenblatt. Dieses zierte schon im 16. Jahrhundert das Siegel der Grafschaft Homberg, deren Herrschaftsbereich sich ziemlich genau mit dem Gebiet des Fricktals deckte.
Porträt von Sebastian Fahrländer.
Porträt von Sebastian Fahrländer (1768-1841), «Gründer» des Kantons Frickthal. Argovia: Jahresschrift der Historischen Gesellschaft des Kantons Aargau
Wappen des Kantons Fricktal.
Abguss des Siegels des Kantonsgerichts Fricktal mit dem Lindenblatt als Wappen.
Als Wappen für den Kanton Fricktal dient ein Lindenblatt. Es ist sowohl auf dem Kantonswappen (links) wie auf dem offiziellen Siegel (rechts) abgebildet. Wikimedia / Staatsarchiv Kanton Aargau, Siegelabgussammlung SP.A
Handgeschriebene Verfassung des Kantons Fricktal, vom 20.2.1802
Handgeschriebene Verfassung des Kantons Fricktal, vom 20.2.1802. Aus der Aktensammlung des Regierungsrates Josef Venerand Friderich (1771-1847). Staatsarchiv Kanton Aargau HA/9517
Obwohl nun alles geregelt schien, war dem Kanton Fricktal keine blühende Zukunft gegönnt. Die Arbeit im unsteten politischen Klima der Helvetik war schwierig und Fahrländer machte sich mit seiner eigenwilligen Art schnell unbeliebt. Nach dem Abzug der französischen Truppen im Sommer 1802 und dem darauffolgenden «Stecklikrieg» zwischen den helvetischen Machthabern und föderalistischen Aufständischen nutzten Fahrländers politische Gegner die Gunst der Stunde, um den verhassten Statthalter zu stürzen und gefangen zu nehmen. Mit dem Umsturz wechselte der Regierungssitz und somit die Kantonshauptstadt von Laufenburg nach Rheinfelden.
Laufenburg, um 1820.
Laufenburg, um 1820, links das deutsche Ufer, rechts das aargauische. 1796 steckten die Franzosen die ursprüngliche Brücke über den Rhein in Brand. Erst 1810 wurde die Brücke auf den alten Pfeilern wieder aufgebaut. Schweizerische Nationalbibliothek
Für den jungen Kanton Fricktal war dies der Anfang vom Ende. Napoleon Bonaparte betrachtete die durch den Stecklikrieg neu geschaffenen Verhältnisse in den Kantonen mit Argwohn und liess seine Truppen wieder in die Schweiz einmarschieren. Das hinderte die Gegner von Fahrländer nicht daran, den ehemaligen Statthalter wegen Verschleuderung öffentlicher Mittel, persönlicher Bereicherung und Willkür anzuklagen. Im Dezember 1802 entschied der französische Gesandte General Ney, Sebastian Fahrländer und seinen Bruder auszuweisen und ihnen jegliche «Bedienstungen im Kanton Fricktal» zu verbieten. Gleichzeitig berief Napoleon in Paris die Helvetische Consulta ein, an der die helvetischen Gesandten unter der «Anleitung» von Napoleon mit der Mediationsakte eine neue Verfassung für die Schweiz erarbeiteten. In Paris mit dabei waren auch zwei Vertreter des Fricktals. Bei ihrer Rückkehr hatten sie allerdings schlechte Nachrichten: Napoleon erachtete die Bildung eines eigenständigen Kantons Fricktal als «zu abenteuerlich» und verfügte am 19. März 1803 die Verschmelzung des Kantons Fricktal mit den Kantonen Aargau und Baden. Die Geburtsstunde des heutigen Kantons Aargau war somit das Ende der politischen Souveränität des Fricktals.
Die Mediationsakte vom 19. Februar 1803
Die Mediationsakte vom 19. Februar 1803 besiegelte das Ende des Kantons Frick. Schweizerisches Nationalmuseum

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