
Wie gewonnen, so zerronnen
1868 wanderte Rudolf Heer mit seiner Familie nach Amerika aus. In fünf Briefen schilderte er seiner Mutter sein Leben in der Neuen Welt und erlaubt uns einen Blick in die Seele eines Auswanderers.
Dabei wäre er in einer ausserordentlich glücklichen Lage gewesen. Im Gegensatz zu den meisten Glarnerinnen und Glarnern war Rudolf Heers Haus, der «Stampf», weitgehend von Brandschäden verschont geblieben. Einerseits, weil das Gebäude über ein festes Dach mit Schieferplatten verfügte. Andererseits hatte der Mechaniker noch in der Brandnacht die hölzernen Fensterläden entfernt und so verhindert, dass die Flammen sich am Haus festsetzen konnten.
Briefe aus der neuen Welt
Rudolf Heer wanderte im 19. Jahrhundert von Glarus nach Amerika aus. Zwischen 1868 und 1872 schickte er insgesamt fünf Briefe in die alte Heimat. Sie befinden sich heute zusammen mit einigen anderen Dokumenten im Archiv der Familie Heer. Dieser Artikel ist auf der Grundlage dieser Briefe und der Recherchen von Fred Heer, einem Nachkommen der in Glarus geblieben Heers, entstanden.
«Am Tage der Abreise kamen wir abends nach Liestal zur Schwester Barbara, welche uns freundlich aufnahm und wir bei ihnen verweilten bis den anderen Tag Abends 5 Uhr wo dann Schwager Spinnler noch uns begleitete bis nach Basel. Bis hieher ging die Reise ordentlich. Von Basel fuhren wir Tag und Nacht Paris zu, welches mit den Kindern sehr beschwerlich ist. Von Basel weg wollten die Kinder immer heim wo wir viel Mühe hatten sie zu besänftigen. Morgens 4 Uhr kamen wir in Paris an. Abend 12 Uhr fuhren wir in Paris ab gegen Havre. Ankunft morgens 7 Uhr, wo wir sehr froh waren, denn das war wieder eine mühsame Nacht. Die Wagen waren so gepfropft voll, dass ich Gewalt brauchen musste um in den gleichen Wagen zu kommen mit Frau und Kindern.»
In seinem ersten Brief aus der Neuen Welt schilderte Rudolf Heer seiner Mutter die ersten Tage der Reise. Sie klingen anstrengend und es wurde nicht besser. Auf dem Schiff, das die Familie von Le Havre nach New York bringen sollte, war das Klima noch rauer als in den überfüllten Zugabteilen.
«Den 29ten griff es meine Frau an mit der Seekrankheit. Den 31ten hatten wir starken Wind und allgemeine Seekrankheit ausser sehr wenigen Personen in unserem Zwischendeck in Mitte des Schiffes.»
Dazu kamen stürmische Wetterverhältnisse, welche den Menschen im Zwischendeck arg zusetzten:
«Nachts ziemlich Sturm, so dass es alles hin und her warf die Comando ertönten alle Segel mussten sogleich eingezogen werden, die Kessel und Kisten alles schlug zusammen, man musste sich festhalten, dass man nicht aus dem Bett geschleudert wurde. Da gab es ein schreien und beten – heilige Maria bitt' für uns. Ich suchte Trost in meinem Fläschchen welches noch ganz blieb, und so ging es bis morgens, wo der Sturm ein wenig nachliess.»
«Den 14ten (August) Morgens 8 Uhr sehen wir Land ausgezeichnet schöne Gegend.»
Lesen Sie hier, wie die Heers amerikanischen Boden betraten und kurzfristig entschieden, weiter westwärts zu ziehen.


