
Die Fast-Pionierin aus Basel
Anna Wecker aus Basel ist die erste, noch bekannte Kochbuchautorin der Schweiz. Sie dringt 1598 in diese männlich besetzte Domäne ein.
Anna wer? Sie ist heute kaum bekannt. Denn Anna Wecker war die nachweislich erste Kochautorin der Schweiz, mehr noch: Ihr Werk «Ein Köstlich new Kochbuch» war überhaupt das erste Kochbuch in deutscher Sprache, das von einer Frau verfasst wurde. Eine echte Pionierleistung war das und die Weckerin eine echte Pionierin!
Deshalb ist Geschichte des Wecker’schen Kochbuchs in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Anna Wecker schreibt darin nicht nur lebenspraktisch über das Kochen von Gemüsen, Obst, Fleisch, Wild und «Gebachenes» wie eben die Osterchüechli. Sie zeigt auf, wie man Mandelmilch selber herstellen kann und gibt zahlreiche Rezepte mit Gersten wieder, dem damals wichtigsten Getreide. Die Weckerin, wie man im Spätmittelalter die weibliche Form setzte, vermittelt auch Anleitungen für den Umgang mit Obstsorten aus Südeuropa, die zu diesem Zeitpunkt noch selten waren: Sie verwendet Pomeranzen (Bitterorangen), Feigen, Datteln und Weinbeeren.
Ein Grund liegt in der mangelhaften Überlieferung. Wie bei vielen Frauen des Mittelalters ist auch über das Leben von Anna Wecker nicht viel bekannt. Nicht einmal ihr Geburtsdatum ist verbürgt. Geboren wurde sie als Anna Keller in Basel. In erster Ehe war sie mit Israel Aeschenberger verheiratet. Dieser war Stadtschreiber von Altdorf bei Nürnberg. Mit ihm hatte sie Tochter Katharina. Nach dem frühen Tod des Gatten heiratete Anna den Basler Arzt und Professor Johann Jacob Wecker. Doch das Paar lebte nur selten in der Schweiz, sondern vor allem im elsässischen Colmar, wo Johann Jacob als «Stadtphysikus» arbeitete, quasi als Stadtarzt. Als er 1586 starb, gab Anna die Schriften ihres Mannes posthum heraus. Sie fungierte als Herausgeberin ihres verstorbenen Gatten, der sie ermuntert hatte, ihr breites Kochwissen aufzuschreiben.
Doch Anna Wecker war zu wenig unabhängig, zu wenig frauenbewusst, weshalb sie nicht recht als Vorzeigefigur für Feministinnen taugt. Denn sie sah sich als dienende Assistentin ihres Mannes, begleitete ihn auf seinen Hausbesuchen und fühlte sich durchaus wohl am Kochherd. Ihre Haltung manifestierte sie in einem Text von 1586 für das Brautpaar Barbara und Jacob Pömern-Löffelhölzin. Sie gab darin nicht nur handfeste Tipps für die Haushaltsführung, sondern nahm die biblische Sichtweise auf, wonach Mann und Frau zwei Seelen in einem Körper seien: Anna Wecker ermahnte den Bräutigam, dass seine Barbara eine Rippe seines Körpers sei und deshalb besonderen Schutz erhalten solle.
Ob Anna Wecker in dieser Küche auch ihre Osterchüechli und Osterfladen hergestellt hat? Auch das ist nicht überliefert. Auf jeden Fall hat sie die süssen Gebäcke auf eine noch ganz einfache Art dargeboten. Ihrem bescheidenen Stil und der einfachen Küche entsprechend füllte sie die Küchlein nicht mit Süssem, sondern nur mit einer Einlage aus Brot.


