
Als man Kerzen noch schnäuzen musste…
Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein war die Lichtputzschere ein unentbehrliches Werkzeug in jedem Haushalt und der Lichtputzer der Beleuchtungstechniker in jedem grösseren Theater.
Lichtputzscheren (auch Schnäuzscheren oder Dochtscheren) waren täglich genutzte, unentbehrliche Instrumente in jedem Haushalt. Oft gehörten sie zu einem Set an Kerzenwerkzeug, das teilweise mit Kettchen oder Halterungen direkt an den Leuchtern befestigt war oder von Bediensteten mit sich getragen wurde, um es jederzeit überall einsetzen zu können.


Dienstmädchen mit Kerzenpflegewerkzeug, das sie an einem Gürtel um ihre Taille befestigt hat. Gemälde von Cornelis Troost, Amsterdam, 1737. Mauritshuis, Den Haag
Man kann sich die dampfende Hitze im Theaterraum leibhaft vorstellen, besonders vorne am Bühnenrand, der Rampe. Das Rampenlicht aus zahlreichen nebeneinander aufgereihten Kerzen strahlte – die vor Nervosität ohnehin schwitzenden – Schauspielerinnen gnadenlos von unten an. Der Schweiss rann ihnen über die damals oft blass geschminkten Gesichter, was sie kränklich, ja fiebrig aussehen lassen konnte und den Begriff «Rampenfieber» erklärt, der sich später zum heute bekannten «Lampenfieber» entwickelte.
«Kerzenrevolution» dank Stearin und Paraffin
Wüsste nicht, was sie Bessers erfinden könnten, als wenn die Lichter ohne Putzen brennten.
Von Duftkerzen und Sternschnuppen
Zwar sind auch Dochtscheren im Handel nach wie vor erhältlich, aber man fragt sich doch: Wer kauft so etwas und warum? Nostalgie, Retrochic, Dekoration? Wer weiss, aber letztlich kann uns dies ja auch völlig «Schnuppe» sein. Apropos Schnuppe: Das Wort «Sternschnuppe» leitet sich vom Kerzenschnäuzen ab. Die Gebrüder Grimm erklärten dies im Deutschen Wörterbuch mit der «[…] volkstümlichen vorstellung, dasz es sich beim sternschnuppenfall um eine säuberung des gestirnes handele, vergleichbar dem reinigen des lichtes mit der lichtschere oder der nase durch räuspern». Und so sind wir wieder beim Naseschnäuzen...


