
Der kurioseste Staatsbesuch aller Zeiten
1909 besuchte der österreichische Kaiser Franz Joseph die Schweiz. Es hätte ein offizieller Staatsbesuch mit dem mächtigen Kaiser sein können, doch daraus wurde nur ein sogenannter «Höflichkeitsbesuch». Denn der Kaiser betrat dabei keinen Schweizer Boden und war nach einer guten Viertelstunde schon wieder weg. Eine kuriose Episode der Schweizer Aussenpolitik.
So hätte man erwarten können, dass der Bundesrat alle Hebel in Bewegung setzte, um dem etablierten und mächtigen Herrscher der benachbarten Habsburger Monarchie einen würdigen Empfang zu bereiten. Denn die Initiative für den Besuch ging von Österreich aus. Der Kaiser besuchte Ende August 1909 den Vorarlberg und sah dabei einen Abstecher in die Schweiz vor.
Doch der Schweizer Bundesrat zierte sich. Damit die Visite des Status eines offiziellen Staatsbesuches erreichte, hätten alle Bundesräte anwesend sein müssen; sonst galt es nur als «Höflichkeitsbesuch». Aber Bundespräsident Adolf Deucher (1831–1912) zog es vor, zur Kur zu fahren, statt den Kaiser zu empfangen, obwohl er selber am Bodensee aufgewachsen war. So musste der Vizepräsident des Bundesrates Robert Comtesse (1847–1922) in die Bresche springen und die dreiköpfige Bundesrats-Delegation anführen, begleitet von den hohen Militärs Ulrich Wille (später General) und Theophil Sprecher von Bernegg (später Generalstabschef).
Der ganze Hafen von Rorschach war mit Girlanden und Blumen festlich geschmückt, die lokalen Organisatoren wollten sich nicht lumpen lassen. Dominierend waren – passend zu den Habsburger Fahnen – die Farben Schwarz-Gelb und Rot-Weiss. Auch der Leuchtturm war mit Fahnen und Blumen ornamentiert, ja man baute sogar einen zweiten «Leuchtturm» aus Holz auf. An der Landungsstelle stand ein Triumphbogen mit Emblemen des österreichischen Kaiserhauses und der Eidgenossenschaft, und am Giebel des Kornhauses prangte ein grosses Schild mit dem österreichischen Doppeladler. Dazu schmetterte die Rorschacher Bürgermusik die österreichische Nationalhymne.
Der Kaiser präsentierte sich auf Distanz, aber durchaus standesgemäss, in seiner Feldmarschall-Uniform mit weissem Rock, roter Hose mit goldenem breitem Streifen, Helm mit Federbusch sowie dem Band des Ordens vom goldenen Vlies. Doch Franz Joseph blieb auf dem Schiff, sodass er an diesem Tag zwar die Schweiz besuchte, ohne aber offiziell Schweizer Boden zu betreten!
Nach den Bundesräten folgten die Militärs, zwei St. Galler Regierungsräte und der Rorschacher Stadtpräsident, schliesslich noch sechs weissgekleidete Mädchen aus Rorschach, die dem Kaiser ein Blumenbouquet mit roten und weissen Rosen übergaben und ein Gedicht aufsagten.
Oder spielte etwas anderes hinein? Fürchtete man um das Leben des Monarchen – schliesslich war dessen Ehefrau 1898 in Genf einem Attentat zum Opfer gefallen? Wir wissen es nicht. Aber die kaiserliche Stippvisite mit einer rekordverdächtigen Dauer von weniger als 20 Minuten zählt gewiss zu den Kuriositäten der Schweizerischen Aussenpolitik.
Die Kosten für Hotelübernachtungen, Reisespesen, Blumenschmuck, Holzbauten, Teppiche, Malerarbeiten, Druckerzeugnisse, Fotograf etc. beliefen sich, wie die Zusammenstellungen im Bundesarchiv zeigen, auf 10’805 Franken und 23 Rappen. Immerhin: Auch wenn der Staatsbesuch eher peinlich und unergiebig war, berichtete sogar die Londoner Times über das Treffen.
Royals zu Besuch – von Sisi bis Queen Elizabeth
Obwohl die Schweiz keine royale Tradition hat, faszinieren die Geschichten der Königshäuser auch hierzulande. Ob Kaiserin, Königin oder Prinzessin: Eines hatten die königlichen Besuche gemeinsam, egal ob sie aus politischen, wirtschaftlichen oder privaten Gründen erfolgten. Sie lösten – damals wie heute – eine immense Begeisterung und Faszination in der Schweizer Bevölkerung aus. Dies zeigt die Ausstellung anhand von zahlreichen Bildern und exklusiven Objekten der Blaublütigen.


