
Waser und Merian – Zwei Künstlerinnen des Barock
Während der Zeit des Barock begannen immer mehr weibliche Kunstschaffende, die gesellschaftlichen Strukturen ihrer Zeit in Frage zu stellen. Ein Blick auf die Biografien von Anna Waser und Maria Sibylla Merian zeigt, wie Künstlerinnen sich durchaus gegenüber ihrer männlichen Konkurrenz behaupten konnten.
Füssli reflektierte diese Unterrepräsentation weiblicher Kunstschaffender in seinem erstaunlich kritischen – und aus heutiger Sicht feministischen – Einleitungstext zu Waser:
«Wenn das weibliche Geschlecht eben die Gelegenheit, seine Talente auszubilden und zu zeigen, und eben die Vortheile der Erziehung geniessen könnte, welche das männliche geniesset, so würden wir in der Geschichte der Kunst weit mehr Beyspiele von vortrefflichen Künstlerinnen als jetzt aufzuweisen haben».
Was Füssli, selbst Vater zweier künstlerisch begabter Töchter, hier betont, ist nichts weniger als das Grundproblem der weiblichen Entfaltungsmöglichkeiten dieser Zeit. Dieses resultierte oftmals in einer Minderbewertung von Künstlerinnen gegenüber ihren männlichen Kollegen. Denn die Frauen des Barock waren zwar durchaus Pfeiler der Gesellschaft, Anerkennung und Ausbildungsmöglichkeiten blieben ihnen jedoch meist verwehrt. Im Verlauf des 17. Jahrhunderts begannen aber immer mehr weibliche Talente, sich aus diesen sozialen Konstrukten zu befreien. Sie wurden vermehrt in Malerzünfte oder Gelehrtenkreise aufgenommen, als Hofkünstlerinnen engagiert oder gelangten durch eigene Studien zu neuen Entdeckungen.
Anna Waser – Von Werners Schülerin zur Hofmalerin
Zurück in Zürich malte sie einige Landschaften im Auftrag von Johann Jakob Scheuchzer; unter anderem für die Beschreibungen seiner Reisen in die Alpen mit dem Titel Ouresiphoites Helveticus, sive, itinera per Helvetiae alpinas. Die von der Royal Society in London finanziell geförderte Publikation zählt zu den Hauptwerken Scheuchzers. Bei der Herausgabe war Scheuchzer darauf bedacht, dass die künstlerischen Leistungen seiner jüngeren Cousine entsprechend honoriert wurden. John Thorpe, der verantwortlich für die Drucklegung war, spricht in einem Brief an Scheuchzer von Waser sogar als «the most Ingenious Madame Anne Waser».
Maria Sibylla Merian – Das Studium der Natur und deren Metamorphosen
«Ihr forschendes Auge blieb bey dieser Entdeckung nicht stehen; sie gieng weiter, und drang in diesen Theil der Natur-Wissenschaft völlig hinein. Ihr edel denkendes Herz war begierig, ihre Bemühungen nutzbar zu machen, und der Welt mitzutheilen […]».
Die Ergebnisse ihrer systematischen Forschung hielt sie in zarten Zeichnungen fest, die als Grundlage für ihre gedruckten Werke dienten.


Wie keine andere Frau zu dieser Zeit verstand es Merian, sich ein weit verzweigtes Netzwerk aufzubauen und in der männlich dominierten Gelehrtenwelt Fuss zu fassen. Zu ihrer Existenzsicherung verkaufte sie nach ihrer Rückkehr aus Suriname in ihrem Amsterdamer Laden neben Pigmenten und Büchern auch ausgestopfte Tiere, die sie von ihrer Reise mitgebracht hatte.


