
Der Schweizer Karl May
Franz Heinrich Achermann (1881–1946) ist heute in Vergessenheit geraten. Dabei hat der Luzerner Geistliche rund 40 Romane und Dramen verfasst und war zu seiner Zeit der meistgelesene Jugendbuchautor der Schweiz.
Aufgrund dieser Charakterisierungen ist gleich klar: Wir haben es hier nicht mit einem vergessenen Fall von Weltliteratur zu tun, aber mit einem Autor, der sich nicht zu schade war, in die Trickkiste der modernen Didaktik zu greifen: Er mischte grosse Stoffe mit identifikatorischen Figuren, mit Humor, Spannung und Anschaulichkeit – er war quasi der Johannes Mario Simmel der Schweizer Jugendliteratur. Oder wie die Walliser Lokalzeitung meinte: «der schweizerische Karl May».


Ein katholischer Geistlicher

Vom Vikar zum Autor
Aber Achermann bediente sich auch sonst an der Schweizer Geschichte, gerne an der Innerschweizer Geschichte seiner Herkunft. So verarbeitete er die Geschichte von Bruder Klaus, Nidwaldens Kampf gegen die Einheitsverfassung von 1798 oder das Drama der königstreuen Schweizer Söldner während der Französischen Revolution in Paris 1789.

Bei den 31 Romanen kam die Quantität eher vor der Qualität. Die Neuen Zürcher Nachrichten schrieben von einer «recht eigenwilligen Schreibweise», die «gar nicht etwa zimperlich» war, damit fand Achermann «zum Herzen ungezählter begeisterter Leser im ganzen deutschen Sprachgebiet». Andere Zeitgenossen waren kritischer. Sie schrieben die Germanisten Severin Perrig und Beat Mazenauer in Achermanns Biografie:
Was im Kopf war, musste subito aufs Papier, da blieb kaum Zeit zur verfeinerten Arbeit an der Sprache, weshalb Wortwahl wie Sprachbilder ganz der momentanen Eingebung überlassen sind. (…) Es ist ein unbekümmertes, unkontrolliertes, manchmal auch unbedarftes Erzählen.
Der «Volksdichter» tritt ab
