Vom gejagten Geldfälscher zum offiziellen Namensgeber einer Währung. Die Geschichte von Joseph-Samuel Farinet klingt fast wie ein Märchen.
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Der Geldfäl­scher aus dem Wallis

Vor 140 Jahre starb Joseph-Samuel Farinet. Der berühmteste Geldfälscher der Schweiz überschwemmte das Wallis im 19. Jahrhundert mit 20-Rappen-Stücken.

Andrej Abplanalp

Andrej Abplanalp

Historiker und Kommunikations-Chef des Schweizerischen Nationalmuseums.

Die neuen Noten der Schweizerischen Nationalbank sind gespickt mit Sicherheitsmerkmalen. Ob das Joseph-Samuel Farinet abgeschreckt hätte? Wahrscheinlich schon, denn der berühmteste Geldfälscher der Schweiz war zwar produktiv, hat aber eher rustikal gearbeitet. In den 1870er-Jahren überschwemmte er das Wallis mit selbst hergestellten 20-Rappen-Stücken. Sein Vorgehen war ziemlich einfach: Farinet hämmerte einen ungehärteten Stempel auf eine echte Münze und prägte damit seine eigenen Münzen.

Joseph-Samuel Farinet war ursprünglich aus dem Aostatal ins Wallis eingewandert, weil er dort polizeilich gesucht wurde. Der Italiener hatte aber nicht nur eine kriminelle, sondern auch eine soziale Ader. Er verteilte einen Teil seiner Münzen an die arme Bevölkerung. Diese revanchierte sich mit Verstecken vor und falschen Angaben an die Polizei, die Farinet bereits nach kurzer Zeit suchte.

Die 20-Rappen-Stücke von Farinet waren auch darum so beliebt, weil Papiergeld im 19. Jahrhundert in der Schweiz noch wenig verbreitet war. In dieser Zeit waren Banknoten noch nicht bundesstaatliches Geld. Vielmehr waren sie von den jeweiligen Banken herausgegebene Wechsel, deren Wert auf dem Zahlungsversprechen der Bank beruhte. Dass die 1856 gegründete Walliser Kantonalbank bereits nach einigen Jahren vor dem Konkurs stand, stärkte das Vertrauen ins Papiergeld nicht. Ganz im Gegenteil. Erst mit dem Banknotengesetz von 1881 und den ersten Noten der Eidgenossenschaft, die 1907 herausgegeben wurden, stieg dieses Vertrauen langsam an.

Fotografie von Joseph-Samuel Farinet, um 1875.
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Farinet stellte aus einem Nickel-Halbfabrikat Schrötlinge her, die er dann mit einem Stempel zu 20-Rappen-Stücke verarbeitete.
Schweizerisches Nationalmuseum

Trotz tatkräftiger Unterstützung aus der Bevölkerung gelang es der Polizei 1880 schliesslich, Farinet bei Saillon zu umstellen. Dort starb der Fälscher auf ungeklärte Weise. Ob die Gendarmen ihn erschossen haben, oder ob er ausgerutscht und in eine Schlucht der Salentse gestürzt ist, bleibt im Dunkeln. Vergessen wurde Farinet jedoch nicht. Die schleierhaften Umstände seines Todes nähren die Legenden um den «Robin Hood der Alpen» bis heute. Im Wallis gilt der Geldfälscher sogar als Volksheld. 2017 wurde dort eine Alternativwährung zum Franken lanciert: der «Farinet». Sie wird in zahlreichen Geschäften der Region als Zahlungsmittel akzeptiert.

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