Der tanzende Sonnenkönig
Der französische König Ludwig XIV. inszenierte seine absolute Macht auch gerne tanzend: Ein Jahr vor seiner glorreichen Krönung verkörperte er – als Sonnengott Apollon kostümiert – die aufgehende Sonne im Zentrum des Planetensystems.

Allegorie des siegreichen Königtums
In den ersten Wochen des Jahres 1653 kämpften die königlichen Truppen die oppositionelle «Fronde» nieder – die seit 1648 wütenden bewaffneten Aufstände gegen den französischen Hof und die Regierung. Letztere setzte sich – anstelle des noch minderjährigen Königs – aus der Königmutter Anna von Österreich und, de facto regierend, dem bei Adel und Volk gleichermassen verhassten Premierminister Kardinal Mazarin zusammen.

Die Uraufführung des «Ballet royal de la nuit» fand am 23. Februar 1653 im königlichen Stadthaus Petit-Bourbon in Paris statt. Es war noch kein Handlungsballett, wie man es erst seit der Mitte des 18. Jahrhunderts kannte, sondern bestand aus aneinandergereihten Episoden mit allegorischen, mythologischen, exotischen und ritterlichen Elementen. Da das Ballett damals noch keine eigeneständige Kunstgattung war, trafen Musik, Tanz, Schauspiel, Gesang und Rezitation als Gemeinschaftswerk der darstellenden Künste aufeinander. Alles vereinend war die zentrale Aussage der Inszenierung: Mit dem Tod Ludwigs XIII., dem Vater des Königs, ist die Nacht über Frankreich hereingebrochen. Die Dunkelheit zog das (in der «Fronde» gipfelnde) Unheil nach sich, das Ludwig XIV. erfolgreich besiegte und dadurch die Nation aus den Zeiten der Unsicherheit heraus und zurück ans Licht führte – dies dank seiner göttlich legitimierten Herrschaft, die Frankreich eine glorreiche Zukunft verheisst.

Triumphaler Auftritt als Sonnengott
Ausschnitt aus dem Film «Le roi danse» (2000). YouTube

Die Geburt des Sonnenkönigs

Ludwig XIV. war nicht nur aktiver Tänzer und Liebhaber des Hofballetts, sondern auch sein grösster Förderer. 1661 rief er die «Académie Royale de la Danse» ins Leben und machte seinen wichtigsten Lehrer, den Tänzer und Choreographen Pierre Beauchamp, zum ersten Ballettmeister. Auf ihn gehen etwa die bis heute essenziellen fünf Positionen des Balletts zurück. Zusammen mit der 1669 ebenfalls vom König gegründeten «Académie Royale de Musique» entwickelte sich die Tanzakademie später zu den international bedeutenden Institutionen der Pariser Oper. Der zunehmend von Ballettprofis ausgeführte Tanz trennte sich damit noch während der Herrschaft Ludwigs XIV. vom höfischen Zeremoniell – was dem König entgegen kam: Er konnte mit der Professionalisierung bald nicht mehr mithalten. In Molières und Jean-Baptiste Lullys Ballettkomödie «Les Amants magnifiques» verabschiedete er sich 1670 als Tänzer von der Bühne.
