
Als König Fussball ein Bettler war
In der Anfangszeit hatte der Schweizer Fussball mit ungewöhnlichen Herausforderungen zu kämpfen. Pfähle mitten im Spielfeld, fehlende Gegner oder Spott und Hohn in der Tagespresse. Ein Blick zurück auf den schwierigen Start des Rasensports.
An diesem neuen Modus scheiden sich die Geister. Dennoch, die Stadien sind voll, Zehntausende verfolgen die Partien am TV, garniert mit Super-Zeitlupen, Pausen-Interviews und Interventionen des Video Assistant Referees (VAR). Kurz nach Spielschluss analysieren Experten die Schlüsselszenen und die Protagonisten stehen den Medien Rede und Antwort. In Internetforen und in den Sozialen Medien wird heiss diskutiert. König Fussball ist omnipräsent.
Welch ein Gegensatz zu den Anfängen des Fussballs hierzulande! Als im Sommer 1898 die erste offizielle Meisterschaft lanciert wird, interessiert sich nur ein kleiner Bruchteil der Bevölkerung für diesen neuen, verpönten Rasensport, der im Gegensatz zum edlen Turnen als rüpelhaft gilt. Und die Spieler haben mit unzähligen Hindernissen zu kämpfen: Maulwurfshügel auf dem Platz, unvollständige Teams, Schiedsrichter ohne Regelkenntnisse, ausschweifende Vereinsfeste.
Verspätungen und Platzprobleme
Dass der Anglo-American F. C. trotz personellem Engpass mit 10-0 gewinnt, zeigt die angelsächsische Überlegenheit in diesem Sport. Auch auf Schweizer Terrain. Die Plätze waren alles andere als gut, wie ein Bericht vom 10. Mai 1899 zeigt: «Ich muss hier gleich anfügen, dass dieser Platz für Fussball gänzlich ungeeignet ist, da er erstens im Verhältnis zu Breite viel zu kurz ist, und dann zweitens der im Platze stehende Markstein, sowie ein über ½ Meter hoher Pfahl für die Spieler gefährlich werden könnten. Es liesse sich doch gewiss ein anderer Platz finden.»
Während man in Zürich mit tierischen Fäkalien kämpft, behindern in Neuenburg die Bäume rund um den Platz das Spiel: «Der Platz ist für Matches gänzlich unbrauchbar; erstens ist er zu schmal, und zweitens hindern die Bäume, die rings herum stehen, das Spiel sehr, musste man doch am Match eine Pause von 10 Minuten machen, um den Ball von den Bäumen herunter zu holen!»
Die Sache mit den Regeln
Heftige Diskussionen gibt es bereits während der ersten offiziellen Schweizer Fussballmeisterschaft von 1898/99. Den Final zwischen dem Anglo-American F. C. und den Old Boys Basel pfeift ein gewisser John Tollmann. Er ist Basler! Gründungsmitglied des dortigen Fussballklubs! Torhüter beim F. C. Basel! Das wäre heute undenkbar! Gewonnen haben übrigens die Anglos klar mit 7-0.
Feuchtfröhliches Vereinsleben
Hie und da herrscht allerdings auch Unstimmigkeit darüber, wie Vereine aufgestellt sein sollten. Dann kommt es auch vor, dass aus dem gemeinsamen Gläschen nichts wird. Etwa, wenn gar kein Spiel stattfindet: «Das Match des F.-C. Zürich gegen den F.-C. Winterthur, das letzten Sonntag in Winterthur hätte stattfinden sollen, wurde auf nächsten Sonntag verschoben, da sich Zürich weigerte, gegen eine Mannschaft zu spielen, von der nur 4 Mann in Winterthur ansässig sind, während die andern in Zürich und Basel wohnen.»
Vereinsleben total: Aufnahme des FCZ Jodelquartetts mit Hans Enderli, um 1920. YouTube
Schweizer Sportblatt digitalisiert
Das Schweizer Sportblatt existierte von 1898 bis 1900. Das FCZ Museum besitzt eine vollständige Sammlung der Zeitung. Diese wurde von der ETH Zürich digitalisiert und ist auf e-periodica öffentlich zugänglich.


