Auch mit Briefmarken wurde für das Frauenstimmrecht gekämpft, um 1960.
Schweizerisches Nationalmuseum

Endlich!

Mit dem Stimmrecht für Frauen tat sich die Schweiz schwer. Erst 1991 durften die letzten Schweizerinnen abstimmen und wählen.

Benedikt Meyer

Benedikt Meyer

Benedikt Meyer ist Historiker und Autor.

Endlich. Endlich, endlich, endlich, endlich, endlich, endlich: Endlich! Das ungefähr waren die Gedanken einiger Appenzellerinnen, als sie am 28. April 1991 erstmals an der Landsgemeinde teilnahmen. Endlich konnten auch sie mitbestimmen, endlich war das letzte gallische Dorf erobert, endlich war das Frauenstimmrecht auf allen Ebenen in der ganzen Schweiz durchgesetzt. Es war ein langer Kampf gewesen.

Schon im 19. Jahrhundert hatten Frauenvereine das Stimmrecht gefordert und 1918 taten die Protestierenden beim Landesstreik dasselbe. 1929 reichten Frauen eine Petition mit einer Viertelmillion Unterschriften ein – sie verstaubte in den Schubladen des Bundesrats. Und nach dem Zweiten Weltkrieg scheiterte das Anliegen gleich mehrfach an kantonalen Urnen.

In eine solche Urne warf schliesslich 1957 Katharina Zenhäusern als erste Schweizerin ihren Stimmzettel. Ihr Mann war Gemeindepräsident von Unterbäch im Kanton Wallis und die Abstimmung drehte sich um ein Zivildienstobligatorium für Frauen. Die Zenhäuserns fanden es unlogisch, dass sich die Betroffenen dazu nicht äussern konnten. Zwar erklärte der Bund Katharinas Stimme für ungültig, aber ein Zeichen war gesetzt. Im Jahr darauf führte die Bürgergemeinde von Riehen (BS) als erste das Frauenstimmrecht ein – und ein Buch empörte die Schweizer Männer. Ein weiteres Jahr später scheiterte das Anliegen landesweit mit 66,9% Nein-Stimmen an den Stimmbürgern. Nur Genfer, Neuenburger und Waadtländer sagten Ja. Sie führten das Stimmrecht kurz darauf auf kantonaler Ebene ein.

Unterbächer Wahlurne von 1957.
Schweizerisches Nationalmuseum

Richtig absurd wurde es 1968: Der Bundesrat wollte die europäische Menschenrechtskonvention ratifizieren – bis auf die politischen Rechte der Frauen. Das ergab weder juristisch noch logisch einen Sinn. Dementsprechend heftig fielen die Reaktionen aus. Daraufhin kam es 1971 zur erneuten Abstimmung, bei der nun 65,7% Ja sagten. Nur in der Zentral- und Nordostschweiz überwogen die Nein-Stimmen. Die meisten Kantone führten das Stimmrecht wenig später ein, etwas länger dauerte es, bis die Landsgemeinde in Herisau 1989 als vorletzte knapp Ja sagte.

Die Schweiz hinkte Deutschland und Österreich um ein halbes Jahrhundert hinterher. Auch Frankreich und Italien waren ein Vierteljahrhundert schneller gewesen. Allerdings war die Schweiz auch das einzige Land, welches die Gleichstellung per Volksentscheid und nicht per Regierungs- oder Gerichtsbeschluss einführte. Einzige Ausnahme waren die Appenzell Innerrhödler – ihnen erklärte schliesslich das Bundesgericht, dass die politischen Grundrechte für beide Geschlechter galten und so standen die Frauen im Frühling 1991 auf dem Landsgemeindeplatz. Endlich.

Blieben bloss noch ein paar kleinere Ungleichheiten bei den Löhnen, im Scheidungs- und Familienrecht, bei der Freiwilligen-, Familien- und Pflegearbeit, bei der Fortpflanzungsmedizin, beim Militär, beim Mutter- und Vaterschaftsurlaub, beim …

Einführung des Frauenstimmrechts in Appenzell-Innerrhoden.
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