
Unterirdisch Einkaufen
Am 1. Oktober 1970 wurde das Shopville unter dem Zürcher Hauptbahnhof eröffnet. Die unterirdische Shoppingmeile war eine kleine Sensation.
Ab in den Untergrund
Es wurde klar: Eine Benutzergruppe musste weggeplant werden. Zuerst wollten die städtischen Verkehrsingenieure die Trams unter die Erde verlegen. Doch die so genannte Tiefbahn wurde 1962 an der Urne verworfen – nicht zuletzt auch, weil man Trams unter der Erde als beleidigende Schrumpfvariante einer U-Bahn ansah.
Was die Abstimmung überlebte, waren die Pläne einer Personen-Unterführung unter dem Bahnhofplatz. 1964 wurde über die Erstellung eines «unterirdischen Fussgängergeschosses» abgestimmt. Um den Fluss des privaten Personenverkehrs nicht zu bremsen, sollten statt der Trams die Fussgänger die übernutzte Oberfläche verlassen und in Zukunft den Bahnhofplatz unterirdisch überqueren. Wir befinden uns im Kalten Krieg, die Akzeptanz von unterirdischen Schutzräumen war hoch: Der Vorschlag wurde angenommen. Ab 1965 prägte ein klaffendes Loch den Bahnhofplatz.
Ein futuristisches Fossil
Zürich sah sich in den späten 1960er-Jahren auf dem Weg dazu, eine Metropole von Weltrang zu werden. Auch der Bau der U-Bahn wurde im Bau bereits angedacht – unter der Ladenfläche wurde ein Hohlraum frei gelassen, in dem später die U-Bahn fahren sollte. Die Schweizerische Bauzeitung sah in diesem leeren Tunnel das «symbolkräftigste Zeichen für Zürichs Grossstadt-Ambitionen».
Ein Einkaufszentrum in der Innenstadt
1967 wurden die 23 Ladenlokale ausgeschrieben – nur wer bereits einen Laden in Zürich hatte, durfte sich bewerben. Das lag einerseits am Wunsch, dass es die Geschäfte Zürich repräsentieren sollten, aber auch an arbeitsrechtlichen Bedingungen – zu lange Schichten unter Erde sollten vermieden werden. Unter den Geschäften war eine «Silberkugel», ein Fast-Food-Laden, ein Blumenladen, eine Bankfiliale, Kleider- und Schuhläden, eine Milchbar. Eine ganz besondere «Attraktion» – ein Lieblingswort der Beamten in den Sitzungsprotokollen – sollte der Automatenladen darstellen, an dem man Tag und Nacht einkaufen konnte.
Wettbewerb und Taufe
TV-Beitrag zur Shoppville-Eröffnung. SRF
Abseits dieser Streitigkeiten herrschte Begeisterung. Die Presse lobte das grossstädtische Flair und das Publikum flanierte durch den Untergrund oder bewunderte nach Ladenschluss, wie Hundefutterdosen oder Milchflaschen aus dem Automatenladen geholt wurden.
Die Wiedereröffnung des Bahnhofplatzes
Ab Januar 1992 wurde der Bahnhof in der Nacht abgesperrt, Shopville verriegelt und der Bahnhofplatz für Fussgänger zum Teil wieder eröffnet. Das alte Shopville galt als veraltet. Die Drogenszene wurde ins Off verdrängt, die S-Bahn kam, der Raum unter dem Bahnhof wurde erweitert und die Stadt über und unter der Erde wurde zu einer anderen. Eine mit mehr Marmor.
TV-Beitrag über das Zürcher Shopville, 1989. SRF


