
Als die Magyaren St. Gallen überfielen
Von 860 bis 970 waren die Magyaren der Schrecken Europas. Auf mehr als 50 Überfällen zerstörten und plünderten sie ein grosses Gebiet von Bremen im Norden bis Otranto im Süden sowie Orléans im Westen. Das Kloster St. Gallen fiel ihnen 926 zum Opfer. Die Mönche in St. Gallen erstellten und bewahrten daraufhin die detailliertesten und ältesten Berichte der Ungarneinfälle in Westeuropa aus erster Hand.



… ab Ungerorum nos defendas iaculis … De sagittis Ungarorum libera nos, Domine …
St. Gallen und die Vorbereitungen auf die Plünderung
In der Zeit der Karolinger (750–887) florierte das Kloster St. Gallen und wurde zu einem regionalen Wissens- und Handelszentrum. Das Kloster hatte sich durch seine Klosterschule – eine der ersten auf der Alpennordseite – zu einem gewaltigen Mönchszentrum mit grossen Gästehäusern, einem Spital, Gehöften und Stallungen sowie einer berühmten Bibliothek entwickelt. Bald zog das Kloster angelsächsische und irische Gelehrte sowie Mönche an, die Manuskripte abschrieben und illuminierten. Vermögende Adelige wiederum mehrten den Reichtum des Klosters durch ihre Förderung und die Schenkung von Land. Ende des neunten Jahrhunderts gehörte es zu den renommiertesten und reichsten Klöstern Europas.


Die Plünderung und die Erinnerung daran

Nach einigen Ruhetagen zogen die Magyaren weiter in Richtung anderer schwäbischer Städte und liessen den einfältigen Heribald zurück. Als die Mönche und Ordensbrüder nach St. Gallen zurückkehrten, um den Schaden zu begutachten, befragten sie Heribald darüber, wie es ihm ergangen war. Dem Bericht zufolge sage er: «Ei, wie zum Besten! Niemals erinnere ich mich, glaubt mir, fröhlichere Leute im Innersten unseres Klosters gesehen zu haben; denn Speise und Trank schenken sie sehr reichlich.»
