
Die dramatische Rettung der Komponistengebeine
Ein unglückliches Leben hatte Alberik Zwyssig (1808–1854), der musikalische Mönch aus Uri und Komponist des Schweizerpsalms. Post mortem wurde im Zweiten Weltkrieg dann noch seine Leiche ausgegraben und umgebettet.
 
  
  
 So wurde es still um Zwyssig und seinen Schweizerpsalm. Erst im Zweiten Weltkrieg geriet der komponierende Mönch wieder in die Schlagzeilen. Denn zwei Ereignisse warfen gleichzeitig ein Schlaglicht auf Zwyssig und den Schweizerpsalm. Zum einen wurde das Lied 100 Jahre alt, und in Zug, am Ort der Erstaufführung des Psalms, feierte man das Ereignis ausgiebig. Schliesslich herrschte damals der Zweite Weltkrieg, da kam jede Besinnung auf Schweizerisches wie gerufen. 1941 stürmten nationalsozialistische Soldaten der Gestapo und der SS das Kloster Mehrerau in Bregenz, wo Pater Albericus beerdigt worden war. Ein Pater beobachtete die «ungehobelten Lederhösler und Alltagszivilträger, Männer der Gestapo Innsbruck und SS-Männer».
Der Geistliche bekam daraufhin einen «Gauverweis» aufgebrummt, musste also sofort das Deutsche Reich verlassen, weil er sich angeblich gegen den «Anschluss» Österreichs an Nazideutschland gestellt habe. Der Zuger Rechtsanwalt Paul Aschwanden (1911–1984) hörte davon und befürchtete aufgrund des Einfalls der Nationalsozialisten im Kloster Mehrerau eine Leichenschändung des bekannten Komponisten Zwyssig. Er schrieb an den Zuger Bundesrat Philipp Etter (1891–1977) und bat, etwas «für die Überführung der sterblichen Überreste dieses grossen Schweizers in sein Heimatland» zu unternehmen.
 
 Und tatsächlich: Die Leiche wurde am Freitag, den 14. August 1942, um 16.00 Uhr, in Mehrerau unter Aufsicht des Amtsarztes von Bregenz ausgegraben und in eine hölzerne Transporttruhe gelegt. In einem Privatwagen fuhr daraufhin der Schweizer Konsul Carl Bitz nach Altdorf, wo Zwyssigs sterbliche Überreste in die Ölbergkapelle kamen. Danach gelangten sie ins Pfarrhaus von Bauen. Denn dort, im Geburts- und Heimatort Zwyssigs, sollten sie die ewige Ruhe finden.
 
 Erst 1961 wurde dann Zwyssigs Schweizerpsalm vom Bundesrat zur Nationalhymne erhoben, allerdings vorerst nur probehalber für drei Jahre. Nach Ablauf der Frist sprachen sich zwölf Kantone für den Schweizerpsalm aus, aber sechs Stände lehnten noch immer ab; und sieben plädierten für eine Verlängerung der Probezeit. Insgesamt dauerte die Probezeit für Zwyssigs Lied 20 Jahre (!) lang, erst dann kam der Ritterschlag: Der Schweizerpsalm wurde 1981 endlich zur Schweizer Nationalhymne erklärt, genau 140 Jahre nach seiner Erstaufführung.
 
 

