
O Fortuna! Von Glücksrädern und vom Glück
Über das wechselhafte Glück zu sinnieren ist uns Menschen eingeschrieben. Das Glücksrad dreht sich schon in der Antike und bleibt bis in die Neuzeit populär. Um 1220 wird am Basler Münster eine Rosette als Glücksrad gestaltet, in einem bayrischen Kloster der Göttin Fortuna mit den Carmina Burana gehuldigt. Unverdientes Glück passt allerdings nicht ins christliche Weltbild. Himmlische Erlösung soll errungen werden.
Wo bleibt Fortuna?



Zwei Baumeister, erkennbar an ihrer Berufskappe, am Glücksrad des Basler Münsters. Der Stürzende, rechts, wehrt sich angstvoll trotzig gegen das drohende Unheil; der Aufsteigende, links, schlummert wohlig geborgen seinem Glück entgegen. Die beiden ausdrucksstarken Figuren gehören jedoch nicht der gleichen «Generation» an und befinden sich auch nicht am gleichen Ort: Der fallende Baumeister ist ein Original von 1220, heute im Museum Kleines Klingental, der aufsteigende eine meisterhafte Kopie von 1986 am Basler Münster. © Kantonale Denkmalpflege Basel-Stadt und Münsterbauhütte Basel / Peter Schulthess

Was ist original am Originalschauplatz?

«Schicksal, wie der Mond dort oben, so veränderlich bist du, wächst du immer oder schwindest!»
Sors immanis et inanis,
rota tu volubilis
Mittelalterliche Liederhandschriften werden nur selten ausgeschmückt. Die «Carmina Burana» bilden eine Ausnahme. Der Codex enthält farbige Anfangsbuchstaben, zahlreiche Zeichnungen und Malereien. Und anders als beim Basler Glücksrad, wo Fortuna und Könige fehlen, sitzt hier die bekrönte Schicksalsgöttin demonstrativ in der Mitte der Rota fortunae, umgeben von lauter Königen. Während der Monarch ganz oben verkündet: «regno – ich herrsche», fällt dem stürzenden König die Krone vom Kopf: «regnavi – ich habe geherrscht»; der unterste klagt: «sum sine regno – ich bin ohne Herrschaft», wogegen der Aufsteigende triumphiert: «regnabo – ich werde herrschen». YouTube / Bayerische Staatsbibliothek
Ein Königreich für eine Birne

O Melancholia
![Giovanni Boccaccio (1313–1375), De casibus virorum illustrium – Vom Schicksal berühmter Männer [und Frauen], Ausgabe Paris 1467.](https://blog.nationalmuseum.ch/app/uploads/08-wikimedia-fortune-wheel-15c-french.webp)
Wer zählt die Räder, nennt die Namen
![Illustration aus John Lydgate, The quene [queen] of Fortune – die Glücksgöttin, eine moralisierende Erzählung über Troja, entstanden 1412 bis 1420.](https://blog.nationalmuseum.ch/app/uploads/john-lydgate-the-quene-of-fortune.webp)


Ein Riesenrad als Glücksrad

Glück global gedacht
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