Die Sonne von St. Moritz
Die Sonne und der Schriftzug im Erscheinungsbild des Ferienorts St. Moritz bilden das älteste noch heute verwendete touristische Markenzeichen der Welt. Signet und Logo entstehen um 1932 im Atelier des Zürcher Grafikers Walter Herdeg.
Das sportliche Model hoch oben auf dem Sprungbrett blickt lachend in die Kamera des tief unter ihm stehenden Fotografen. Auch die das ganze Plakat überstrahlende Sonne im blauen Himmel lacht. An der ebenfalls in starker Untersicht gezeichneten Fahnenstange im Bildvordergrund flattert ein roter Wimpel mit dem blauen Schriftzug St. Moritz. Das Plakat des 26-jährigen Zürcher Grafikers Walter Herdeg verheisst Licht, Luft, Wasser und Bewegung im Bergsommer des schon nicht mehr unbeschwerten Jahres 1934. Neu ist nicht nur der sportliche, ins Monumentale gesteigerte Auftritt der sonnengebräunten jungen Frau im weissen Badekostüm, neu ist auch die Verwendung einer fotografischen Vorlage und die spezielle Technik für den Druck des Plakats.
Und das Model? Wir wüssten gerne, wer hier als Turmspringerin posiert. Eine Vermutung haben wir – um sachdienliche Hinweise wird gebeten.
Walter Herdeg (1908–1995), Mitbegründer und Herausgeber der ab 1944 erscheinenden, dreisprachigen Fachzeitschrift Graphis, arbeitet von 1932 bis 1938 fast ausschliesslich für den Kur- und Verkehrsverein Sankt Moritz. Dabei entwickelt er nicht nur das älteste touristische Markenzeichen, das heute noch in Gebrauch ist, sondern er beschreitet auch in der Gestaltung von Plakaten und Prospekten neue Wege, indem er fotografische, grafische und typografische Elemente kombiniert. Fast gleichzeitig mit Herbert Matter, dem anderen Schweizer Pionier des Fotoplakats.
Das Plakat für die Sommersaison 1934 liess Herdeg in der Graphischen Anstalt J. E. Wolfensberger drucken. Die auf den Druck qualitativ hochstehender Plakate und Kunstreproduktionen spezialisierte Steindruckerei arbeitete eng mit der Druckerei Orell Füssli zusammen. Orell Füssli bot neben dem Steindruck schon damals sowohl Offset- als auch Tiefdruck an. Für die Übertragung der fotografischen Elemente wurden die 300 Kilogramm schweren Steine jeweils von drei Druckern mit einem Lastwagen vom «Wolfsberg» zu Orell Füssli transportiert und dort entsprechend präpariert. Mit dem Verfahren liessen sich beim Druck äusserst feine Farbnuancen erzielen. Die schon längst vergessene Kombination von Handlithografie und Fotochromie war eine ausgesprochene Spezialität der beiden sich ergänzenden Zürcher Qualitätsdruckereien.