
Der Albtraum der Revolutionäre und Liberalen
Wie Carl Ludwig von Haller (1768–1854) in Revolution und Aufklärung die Wurzel allen Übels sieht und zum Vordenker der Ultrakonservativen wird.
Szenen- und Ortswechsel: Nach ihrem Wahlsieg 1856 in Solothurn ordnen die Radikal-Liberalen an, das Grab von Hallers auf dem Friedhof St. Katharinen zu zerstören. Vae victis – Wehe den Besiegten! Warum erregt dieser Mann in den sogenannten fortschrittlichen und aufklärerischen Kreisen solchen Hass?

Haller muss ins Exil nach Deutschland fliehen. Er veröffentlicht zahlreiche Pamphlete und arbeitet für den österreichischen Hofkriegsrat. Im Jahr 1806 wird er zurück nach Bern bestellt, nachdem sich die Situation in der Schweiz durch die Mediationsakte normalisiert hat. Hier unterrichtet er Staatswissenschaft. Den ersten Band seiner Restauration der Staats-Wissenschaft (bis 1834 werden es sechs Bände auf 3000 Seiten) veröffentlicht der zweisprachige Haller 1816 auf Französisch und Deutsch. Seine Leserschaft spaltet sich sofort in erbitterte Gegner und begeisterte Anhänger. Das Werk entwickelt sich zu einer Bibel für Ultrakonservative, ist aber auch unter deutschen Romantikern beliebt. Es wird den Preussenkönig Friedrich Wilhelm IV., das Umfeld von Metternich in Österreich sowie die Romantiker Vicomte de Bonald in Frankreich und Silvio Pellico in Italien beeinflussen.

In einer häufig apokalyptischen inspirierten Sicht schildert Haller das vermeintlich zerstörerische Werk des Liberalismus, mit warnenden Akzenten, die oft die Amtswechsel und Sinneswandel seiner Zeit widerspiegeln.


Seine Geschichte der kirchlichen Revolution (1836), in der er darlegt, dass die Wurzeln der Revolution in der Reformation liegen, ist zwar ein grosser Erfolg, doch der Sieg der Radikalen über den Sonderbund im Jahr 1847 versetzt ihm den moralischen Todesstoss.
Dennoch verkörpert Haller neben dem Spanier Donoso Cortés, dem Preussen Radowitz, dem Sardinier de Maistre und dem Franzosen de Bonald einen der wichtigen Momente im Kampf gegen das sogenannte fortschrittliche Denken.
Serie: 50 Schweizer Persönlichkeiten
Die Geschichte einer Region oder eines Landes ist die Geschichte der Menschen, die dort leben oder lebten. Diese Serie stellt 50 Persönlichkeiten vor, die den Lauf der Schweizer Geschichte geprägt haben. Einige sind besser bekannt, einige beinahe vergessen. Die Erzählungen stammen aus dem Buch «Quel est le salaud qui m’a poussé? Cent figures de l’histoire Suisse», herausgegeben 2016 von Frédéric Rossi und Christophe Vuilleumier im Verlag inFolio.