
Stimmlos
Zu jung, zu fremd, zu anders? Auch 50 Jahre nach der Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Frauen bleibt die Frage nach der politischen Teilhabe aktuell. Eine historische Übersicht zur Stimmlosigkeit in der Schweiz.
Alle Menschen sind gleich und verdienen entsprechend dieselben Rechte: Dieser Traum steckte auch in der Schweizer Bundesverfassung von 1848, inspiriert von der griechischen Antike, vom amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, von der Französischen Revolution. In der Realität blieb die Gleichheit allerdings auf eine exklusive Gruppe beschränkt. 1848 durfte «jeder Schweizer, der das zwanzigste Altersjahr zurückgelegt hat», abstimmen und wählen. Frauen waren bekanntlich nicht mitgemeint.
Keine Stimme ohne Pass
Keine Stimme ohne Mündigkeit
Sendung zum Stimmrechtsalter 18 vom 26. November 1986 SRF
Keine Stimme ohne Urteilsfähigkeit
Mit den unter umfassender Beistandschaft stehenden Personen, den Minderjährigen und den Ausländerinnen und Ausländern besitzt über ein Drittel der Schweizer Bevölkerung weder Stimm- noch Wahlrecht. Dieser Ausschluss wird gerne damit gerechtfertigt, dass diese Gruppen nicht reif genug seien, eine qualifizierte Stimme abzugeben. Dasselbe wurde bis 1971 auch den Frauen zugeschrieben. Im Rückblick kann man darüber nur staunen. Im besten Fall hilft diese Irritation dabei zu fragen, wieso nach wie vor über ein Drittel der Wohnbevölkerung nur eingeschränkt am politischen Prozess teilhaben kann. Dabei ist es wenig entscheidend, ob ein allfälliges neues Wähler- und Wählerinnensegment dann auch wirklich an die Urnen strömte. In der Schweiz verzichtet bereits seit fünfzig Jahren stets mehr als die Hälfte der Stimmbevölkerung darauf, sich an den Abstimmungen zu äussern. Aber zwischen dem Recht auf eine Stimme und der Ausübung dieses Rechts besteht ein grosser Unterschied. Am Schluss bleibt auch der Entscheid, seine politischen Rechte nicht wahrzunehmen, ein Privileg.
Der 34-jährige Andreas Rubin kämpft dafür, dass alle Menschen, auch schwerstbehinderte, abstimmen und wählen können. Er weiss, wie es ist, keine politischen Rechte zu haben. SRF


