
Genferinsel im Bodensee
Im November 1834 heiratete die 17-jährige Genfer Fabrikantentochter Amélie Macaire auf der ehemaligen Klosterinsel in Konstanz den württembergischen Grafen Friedrich von Zeppelin. Es wurde vornehmlich Französisch gesprochen. Und das nicht ohne Grund...
Hingegen ist der indirekte Zusammenhang zwischen dem Gebrauch französischer Spielkarten in Teilen des Thurgaus und der Genfer Kolonie in Konstanz zwar naheliegend, aber nicht restlos geklärt. Immerhin: David Macaire, der Vater von Amélie von Zeppelin, hat 1817 das Schloss Arenenberg in der einen gut halbstündigen Ritt von Konstanz entfernten Thurgauer Gemeinde Salenstein an Hortense de Beauharnais, die Mutter von Louis-Napoléon, vermittelt. Und im Thurgau, so heisst es im Volksmund, werde im Rayon eines Tagesrittes um den Arenenberg mit französischen Karten gejasst.


«Die Genfer»
Ein paar Jahre später stellten «die Genfer» gut zehn Prozent der rund viertausendköpfigen Bevölkerung! Der Göttinger Bildungsreisende Christoph Meiners, der auf seinen beiden Schweizer Reisen in Konstanz vorbeikam, meint die Stadt 1788 nicht wiederzuerkennen. Während ihm die Inneneinrichtung im Gasthof zum Goldenen Adler an der Marktstätte 1782 auf seiner ersten Reise noch aus der Zeit des Konzils zu stammen schien, findet er bei seinem zweiten Besuch alles auf dem neuesten Stand vor. Der Adler war das erste Haus am Platz. Wie die Krone an der Vordergasse in Schaffhausen oder das Schwert am Weinplatz in Zürich. Überall hört er Französisch, die Strassen scheinen ihm «auffallend lebhafter als vormals», die Häuser neu oder saniert. Aber auch das nicht nur unproblematische Verhältnis zwischen den Einheimischen und den Zugezogenen beschreibt der zeitgenössische Reisende mit wachen Augen. Unter den Genfern hielt die anfängliche Euphorie allerdings nicht lange an. Nach der Jahrhundertwende war ein grosser Teil der Emigranten bereits wieder nach Genf zurückgekehrt.

Die Familie Macaire de L’Or
David Macaire, der eine Sohn von Jean-Jacques Louis, fungierte 1830 als einer der Gründungsaktionäre und erster Präsident der Dampfschifffahrtsgesellschaft für den Bodensee und Rhein Konstanz. Natürlich hatte er dabei die Verbesserung der Transportmöglichkeiten für die Produkte aus der Indienne-Fabrik Macaire frères im Kopf – ob das den Schifferzünftern am See nun passte oder nicht. Seine Tochter Amélie heiratete im Alter von 17 Jahren den Grafen Friedrich (Fritz) von Zeppelin. Es war eine Liebesheirat. Die Ehe zwischen der humorvollen Fabrikantentochter und dem gemütvollen Grafen verlief glücklich, ebenso die ausserordentlich gut dokumentierte Kindheit ihrer Tochter Eugenie und der beiden Söhne Ferdinand und Eberhard auf Schloss Girsberg im benachbarten Emmishofen (TG).
Das Familienglück dauerte allerdings nur 18 Jahre. Amélie von Zeppelin starb im Alter von 36 Jahren an Tuberkulose. Fritz von Zeppelin und die drei Kinder erholten sich nur schwer von dem Schlag. Eugenie entwickelte sich in der Folge zur Seele der Familie, Eberhard baute zwei Jahrzehnte später das ehemalige Inselkoster mit der Indienne-Fabrik zu einem Nobelhotel um, und Ferdinand entwickelte Luftschiffe. Er sollte wiederum zwei Jahrzehnte später zu einer der populärsten Figuren im damaligen Deutschland werden.

Dito die «Zeit der K.K. privileg. Indiennefabrik Macaire frères um 1800», als drittletztes von 18 grossformatigen szenischen Bildern, welche die Geschichte der Insel von den Pfahlbauern bis in die Zeit des 1874 eröffneten Hotels darstellen. Die mit den 1878 auf den Markt gekommenen Keim’schen Mineralfarben gemalte Szene zeigt, wie an der Mole vor der Fabrik unter Aufsicht des geschickt in Szene gesetzten Fabrikanten Stoffballen in eine Lädine oder einen Segner, die damaligen Frachtschiffe auf dem Bodensee, verladen werden. Die imposante Figur des Fabrikherrn steht mit grauem Mantel und schwarzem Zylinder vor rot gefärbten, zum Trocknen aufgehängten Baumwolltüchern und tauscht mit dem Schiffsführer Papiere aus.

Carl von Häberlin und die Schweiz
Der 1832 in Oberesslingen bei Stuttgart geborene Carl von Häberlin war der wohl wichtigste und produktivste Exponent der späten naturalistischen Historienmalerei im südwestdeutschen Raum. Der monumentale Bilderzyklus zur Geschichte der ehemaligen Klosterinsel in Konstanz gehört zu den spektakulärsten und wohl auch meistbesuchten Werken dieser Art. Als der Maler von 1887 bis 1896 mit Unterbrüchen im Inselhotel arbeitete, hatte er seinen privaten Wohnsitz bereits auf Schloss Wyden bei Ossingen im Zürcher Weinland. Auf das Schloss aufmerksam wurde er übrigens durch seinen Landsmann Julius Motteler, der 1880 von seinem Zürcher Exil aus auf Wyden den ersten Kongress der deutschen Sozialdemokraten unter dem Bismarck’schen Sozialistengesetz organisiert hatte.
Ebenfalls in die Zeit auf Wyden fallen die Wandmalereien auf Schloss Castell in Tägerwilen (TG) und am Rathaus von Stein am Rhein (SH), für die er am 25. März 1901 das Ehrenbürgerrecht der Stadt und damit die schweizerische Staatsbürgerschaft erhielt, sowie drei Entwürfe im Hinblick auf den Wettbewerb für die Wandbilder in der Waffenhalle des 1893 bis 1898 erbauten Schweizerischen Landesmuseums in Zürich. Den Zuschlag erhielt allerdings Ferdinand Hodler mit seiner völlig neuen, ebenso expressiven wie eigenwilligen Historienmalerei, was zum längsten und leidenschaftlichsten Kunststreit der Schweiz führte.
Ebenfalls in die Zeit auf Wyden fallen die Wandmalereien auf Schloss Castell in Tägerwilen (TG) und am Rathaus von Stein am Rhein (SH), für die er am 25. März 1901 das Ehrenbürgerrecht der Stadt und damit die schweizerische Staatsbürgerschaft erhielt, sowie drei Entwürfe im Hinblick auf den Wettbewerb für die Wandbilder in der Waffenhalle des 1893 bis 1898 erbauten Schweizerischen Landesmuseums in Zürich. Den Zuschlag erhielt allerdings Ferdinand Hodler mit seiner völlig neuen, ebenso expressiven wie eigenwilligen Historienmalerei, was zum längsten und leidenschaftlichsten Kunststreit der Schweiz führte.

